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Eigene Projekte

Ein Abend Ohne Christian Worch @ 7. Berlin Biennale

EIN ABEND OHNE CHRISTIAN WORCH

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„Ein Abend ohne Christian Worch” ist eine performative Auseinandersetzung mit dem Umgang mit Nazis in der Öffentlichkeit. Hierzu werden die Gäste am 26. Juni 2012 eingeladen, einer Veranstaltung beizuwohnen, zu welcher der führende Kopf der Freien Kameradschaftsszene, Christian Worch, nicht eingeladen wird. So wird dem Publikum die seltene Gelegenheit geboten, sich nicht mit der Theorie der nationalsozialistischen Ideologie auseinanderzusetzen – denn nur wenn man diese nicht nachvollziehbar macht, kann man sie erfolgreich nicht bekämpfen.

LAGEBESCHREIBUNG

Das Böse scheint aus dem Europa des 21. Jahrhunderts beseitigt. Befreit von den ideologischen Geißeln vergangener Zeiten, blickt man auf friedfertige, demokratische Gesellschaften. Konsens ist es, aus der zerstörerischen Vergangenheit gelernt zu haben – wer diesen Konsens nicht mitträgt, sogar in tatkräftige Opposition geht, der muss fahrlässig ungebildet sein oder psychische Störungen aufweisen. Wenn Anders B. Breivik mit einem 1.000-seitigen Manifest in der Schublade, worin er seine Taten erklärt, einen umfangreichen Massenmord begeht, läuft die Analyse der Motivlage auf Geisteskrankheit hinaus. Der »Teufelskiller« wird auf ein Einzelphänomen reduziert, mit ausschließlich ihm zuschreibbaren Beweggründen. Auch die Betrachtung von Nazis in Deutschland verfährt nach diesem schnappreflexartigen Muster: Nazis seien entweder dumm, brutal und gewaltbereit (klassische »Bomberjackennazis«) oder dumm, politisch ungebildet und verblendet (Anzug tragende NPD-Kader). In jedem Fall haben sie kein Verständnis für das demokratische Zusammenleben. Das mag durchaus stimmen, nur wird dabei eine Beschäftigung mit den Gründen für eine solche Weltsicht durch eine Mystifizierung der »Ewiggestrigen« ersetzt, die nicht aus der Geschichte lernen wollen oder dies aufgrund begrenzter intellektueller Fähigkeiten nicht können. Selbst in reflektierteren, antifaschistisch tätigen Gruppen muss das Gegen-Nazis-Sein nicht weiter begründet werden als mit Phrasen vom „menschenverachtenden Gedankengut” oder der Rede von »Rattenfängern«.Diese Reduktion wird der rechten Ideologie und den Argumentationen, die Nazis vortragen, nicht gerecht. Die demokratische Öffentlichkeit ist daher auch nicht in der Lage, adäquat auf deren Argumente zu reagieren. Dass die „Wortergreifungsstrategie” der Nazis bei öffentlichen Veranstaltungen so gut funktioniert, ist auf die Unkenntnis und damit einhergehende Unsouveränität im Umgang mit Ideologemen zurückzuführen. Als Resultat werden Nazis vom öffentlichen Raum ferngehalten und damit weiter verfabelt. Man bestärkt sie ungewollt in ihrer Verortung als „Underdogs” und macht sie nur exklusiver und anziehender für das Heer der Unzufriedenen. Weisen ihre Analysen doch einige Parallelen zu bürgerlichen Positionen auf. Es gilt daher offenzulegen, warum.

Quelle: http://www.berlinbiennale.de/blog/events/ein-abend-ohne-christian-worch-von-brimboria-institut

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Alltag & Poesie

Das subversive Potential des Zombies

Bild: Szene aus George A. Romero’s „Night of the Living Dead“, 1968

Im Kontext des bereits erwähnten Untoten-Kongress, nun eine Erörterung der Figur des Zombies:

Zu Anbeginn jedes denkbaren Zombieszenarios steht die Umwälzung alles Bestehenden. Einer Plage gleich kommt die Invasion untoter Körper über die Welt, hochinfektiös und meist in Verbindung mit einer sehr kurzen Inkubationszeit. Die Auswirkungen sind meist so verheerend, dass ein Großteil der Betroffenen (schätzungsweise immer so 98% der Menschen in einem bestimmten Gebiet) entweder sabbernd und oder Blut kotzend durch die Landschaft röchelt. Je nach Zombie-Konzeption auch rennt. In jedem Fall kann man meist von einem Umsturz aller bestehenden Verhältnisse sprechen¹.

Die eine Frage, die das Auftreten der untoten Bedrohung aufwirft, ist die nach dem Verhalten der Überlebenden. Dabei ist es meist der Fall, dass zwar demographisch eine mächtige Zäsur zu verzeichnen ist, aber in keiner Weise das Verhalten der AkteureInnen, ihre Organisationsformen untereinander irgendwie überraschend wären. Nahrung sammeln, romantische Potentiale ausloten, Waffen putzen, Eigentum verteidigen². Den Noch-Menschen kommt aus nahe liegenden Gründen (Lebendkörperfresserinvasion) nicht der Gedanke „He, schöner Neustart! Wie wäre es mit einer befreiten Gesellschaft?“. Die Apokalypse der Untoten markiert auch vielmehr das Ende allen gesellschaftlichen Daseins. Der Zusammenbruch jeder Infrastruktur und Herrschaft wirft die Menschheit zurück in tribale Verhältnisse. So gehört zu jeder Post-Zombie Community der entsprechende Häuptling (z.B. der örtliche Sheriff), ein beträchtlicher Prozentsatz von Alten, Kranken und Kindern, die das Überleben denkbar erschweren und eine Belastung darstellen, das gutaussehende Frauchen (geringe Überlebenschance) das auch noch tough ist (gute Überlebenschance), sowie ein irrer Waffennarr. Also eigentlich alles wie gehabt in der modernen Industriegesellschaft. So betrachtet ist das Zombieszenario nichts anderes als eine moderne Robinsonade.
Und da ist das Problem: wie der Wirtschaftswissenschaftler, der der modernen politischen Ökonomie durch Inselszenarien ihre Naturwüchsigkeit nachweisen will, können Zombieapokalypsen kein wirklich adäquates Licht auf die Zukunft und die Möglichkeit einer befreiten Gesellschaft werfen.

Etwas anders ist es mit der Frage nach dem Zombie selbst. Seine Herkunft ist in der Regel etwas obskur, erklärt durch entweder biblisch: die Hölle ist voll, oder biologistisch: Veränderung der Zellstruktur, Wutvirus etc.³ Wichtig hierbei: der kommt Zombie metaphysisch mit Notwendigkeit nach dem Menschen. Immer wird der Mensch zum Zombie. Dieser Sachverhalt ist ein Hinweis darauf, dass all das, was den Zombie ausmacht im Menschen bereits enthalten ist. Was der Zombie nur nicht hat ist die Fähigkeit ein gesellschaftliches Dasein zu führen. Damit wird der Untote zum Imperativ für die menschliche Sozietät. Nun kann solch eine Sozeität ja alles Mögliche beinhalten. Hier wird der Zeitraum des Erscheinens des modernen Zombies interessant, nämlich die entwickelte Industriegesellschaft (bevorzugt USA). Ein Zombieszenario in Bangladesh widerspräche dem Zombiebegriff. Der Zombie hat ein explizites Ziel: der Mensch im entwickelten Kapitalismus westlicher Bauart. Der subversive Imperativ, der dann daraus folgt:

Ändert die Gesellschaft, die Zombies kommen!

Fußnoten:
¹ Ganz im Gegensatz zu der anderen popkulturellen Untoten-Großgruppe: der Vampire. Die agieren eher klandestin, machen sich rar, saugen hier und da mal eine Jungfrau aus und pflegen ansonsten ihre Schlösser (F.W. Murnau: Nosferatu) oder Erörtern das Thema ‚Sex mit Menschenweibchen’ (Twilight). Summa summarum keinerlei subversives Potential. Ausnahmen bilden vielleicht der goldene Nazi-Vampir und die Serie ‚True Blood’.

² Hierbei dürfte die Verteidigung des Eigentums das logisch dämlichste sein. Gibt es denn noch eine Staatsmacht die Eigentum ins Werk setzt/ dann auch garantiert? Unwahrscheinlich. Nach Zombieinvasionen ist oft weniger vom bürgerlichen Staat übrig, als nach einem atomaren Erstschlag zu Kalter-Krieg-Zeiten.

³ Interessant wird es wenn man sein Verhalten betrachtet, insbesondere bei Romeros „Dawn of the Dead“ schlurfen die Untoten zurück in das Einkaufszentrum, einfach weil sie dort in ihrem (früheren) Leben immer schöne Stunden erlebt haben.

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Alltag & Poesie

Die Untoten. Life Sciences & Pulp Fiction

Wann ist ein Leben zu Ende? Wann beginnt es? Und wer bestimmt darüber?

 

Bevor wir mit den Vorträgen fortfahren, im Folgenden ein kleiner Veranstaltungshinweis. Vom 12. – 14. Mai wird in Kampnagel (Hamburg) unter der künstlerischen Leitung von Hannah Hurtzig ein Initiativprojekt der Kulturstiftung des Bundes stattfinden: Es handelt sich dabei um „Die Untoten. Life Sciences & Pulp Fiction“, einen Kongress mit Inszenierung. In typischen Sets der Produktion des Untoten (Hospital, Friedhof, Labor) werden Gespräche, Vorträge, Präsentationen und Experimente ablaufen und die naturwissenschaftlichen, medizinethischen, politischen und popkulturellen Diskurse anregen, die mit der Frage nach Leben, Tod und ihren Grenzen einhergehen. Ein Blick lohnt sich bereits auf die Liste der ReferentInnen (Bruce LaBruce stellt seinen neuen Zombiefilm vor!) – dabei sind unter anderem auch Georg Seeßlen, Joseph Vogl und Klaus Theweleit, um mal willkürlich eine handvoll Highlights herauszupicken.

Das sieht nach ganz großem Brimborium aus und wir freuen uns schon wie Bolle.

Für uns als BRIMBORIA Institut ist die Frage nach der popkulturellen Bedeutung des Untoten, besonders natürlich des Zombies von Interesse – immer im Hinblick auf sein subversives Potential. Dazu folgt hier in Kürze ein Beitrag von uns. Auf der Website zum Projekt www.untot.info erscheinen übrigens in regelmäßigen Abständen Texte zum Thema. Wer sich interessiert, sollte mit http://www.untot.info/13-0-1968-Braindead.htmleinsteigen und im Mai nach Hamburg kommen. Wir sind auf jeden Fall da.

Bild: “CAT” by David Shrigley, 2007, www.untoten.info

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Eigene Projekte

BRIMBORIA Kongress – Die subversive Strategie des Fake

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FREITAG, 16. April 2010

Wirkungen der historischen Avantgarde
Referent: Martin Büsser

Eröffnungspodium

Podium: Martin Büsser, lizvlx, Stefan Römer
Moderation: Alain Bieber
SAMSTAG, 17. April 2010


Die Praxis der Urkundenfälschung
Referent: Tilman Loos

Das Werk des Martin Sonneborn
Referenten: Martin Sonneborn, Alf Thum

Unsichtbares Theater

Referent: Udo Eidinger

Das Fake in der Praxis
Referent: Stefan Römer

Das Verhältnis von Theorie und Praxis
Referent: Lars Quadfasel

Kulturindustrie, Pop & Fake
Referent: Roger Behrens

Das Détournement in der situationistischen Praxis und Theorie
Referenten: R.G. Dupuis, Zwi (Biene Baumeister Zwi Negator)

Antipreneur Performance

SONNTAG, 18. April 2010
„Woher & Wohin? Abschlußdiskussion“
Podium: Daniela Kuka, Andreas Ulrich, Max Upravitelev, u.a.
Moderation: Alain Bieber

Wir bedanken uns an dieser Stelle nochmal ganz herzlich bei allen Beteiligten und freuen uns auf weiteren Rock’n’Roll in naher Zukunft!

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nazi scum

Nazis und Kapitalismus

Schon seit einiger Zeit bedienen sich Nazis an verschiedenen Symbolen und Methoden, die ihren Ursprung eigentlich in der linken Szene haben. Die Che Shirts und Palitücher auf Demos sind mittlerweile ein alter Hut, ein relativ neues Phänomen sind allerdings die Autonomen Nationalisten. Mit dem Aufkommen dieser Strömung wurde nicht nur der Style und die Haltung auf Demos adaptiert, gleichzeitig fanden Nazis an Graffiti Gefallen. Auf einschlägigen Websites werden Skizzen ausgetauscht und Fotos von eigenen Werken hochgeladen, thematisch richten sie sich wahlweise gegen Kapitalismus, Polizei, Zensur und für „nationalen Sozialismus“.

Was meinen die denn eigentlich mit ihrem Nationalsozialismus? In der Schule lernten wir, der Begriff wäre erschaffen worden, um die Arbeiterklasse auf die eigene Seite zu ziehen. Hinter dieser These steckt leider die übliche Dämonisierung des allseits bekannten Überbauphänomens. Wir vom Brimboria Institut dagegen sagen: Nazis verstehen lernen heißt Nazis bekämpfen lernen!
Natürlich ist es auch richtig, dass Nazis linke Symbole kopieren, um bei Jugendlichen mit einer rebellischen Haltung besser anzudocken. Diese Erklärung vereinfacht allerdings um Längen das eigentliche Problem, weil sie sich eben nicht Inhaltlich mit der Naziargumentation auseinandersetzt.

Nazis haben tatsächlich was gegen Kapitalismus, Polizei und Zensur. Dazu haben sie aber auch scheinbar etwas gegen eine kritische Analyse der gegebenen Produktionsverhältnisse. Die nationalsozialistische Kritik lässt sich eigentlich auf folgende Kernpunkte runter brechen:

1. Verkürzte Kapitalismuskritik

Nazis finden Kapitalismus durchaus kritisch. Schließlich lautet die Forderung ja „Sozialismus“. Jedoch steht dahinter kein generelles Verständnis der Beziehungen von Mensch und Kapital, Arbeit und Profit, Markt und Konkurrenz. Nationale Sozialisten kritisieren nicht die Wirtschaftsweise. Sie kritisieren, dass die Falschen darunter leiden (Deutsche). Die schöne Geschichte vom Kapital machen eigentlich nur jene kaputt, die im Hintergrund die Fäden ziehen (z.B. das „bolschewistische Finanzjudentum“) und aus purer Bosheit den erwirtschafteten Reichtum dem deutschen Volk vorenthalten – auf Kosten der deutschen Arbeiter. Diese Gruppen lassen hinterfotzigerweise die Volksgemeinschaft schuften, obwohl sie selber nicht „dazugehören“. Womit wir beim nächsten Punkt wären:

2. Nationalismus

Selbstverständlich ist das Nationskonzept für Nazis nicht etwa ein Konstrukt der Moderne. Nationen gibt es für sie schon so lange, wie es Menschen gibt – das Individuum ist dabei der Kategorie Nation unterstellt.

Diese Eckpfeiler der Naziideologie lassen sich recht einfach widerlegen, da sie vor Widersprüchen kaum laufen können. Die verkürzte Kapitalismuskritik ist nichts anderes als die Personifizierung von der „unsichtbaren Hand des Marktes“. Wenn man also der Naziargumentation folgt, so stellt sich heraus, dass sie Kapitalismus nun doch ganz super finden – solange alles in den richtigen (=deutschen) Händen liegt. Auch die Sache mit den Nationen ist an sich ebenfalls eine rein affirmative Angelegenheit – das Denken in volkswirtschaftlichen Einheiten ist eine frühestens merkantile Nummer und hängt unmittelbar mit der kapitalistischen Produktionsweise zusammen.

Darauf müsste die Jungs und Mädels von der Nationalen Befreiung nur mal jemand hinweisen. Was dem Problem dagegen überhaupt nicht gerecht wird, ist die Behandlung von Nazis als Kinderfänger von Deutschland.

Beim nächsten Beitrag Nazis und Kapitalismus (II) widmen wir uns dann den Spaßvögeln von der Konservativ-Subversiven Aktion und einigen Beispielen aus der Praxis.

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Alltag & Poesie

Warum es richtige Kritik und falsche gibt…

.. und wohin letztere führen kann, illustriert dieses Zitat aus dem Jahre 1986 ganz deutlich:

„… Im übrigen fängt Kritik nicht damit an, daß sie an sich die kri­tische Frage stellt, ob sie weitergeht, praktisch und konstruktiv ist. Sie beginnt damit, daß man sich Rechenschaft ablegt darüber, woher all das kommt, was man als Belästigung und Schaden wahr­nimmt. Wer auf das bißchen Ursachenforschung verzichtet, vertut sich womöglich im Engagement, sucht sich Ort, Zeit und Adressat wie Gegner seiner Bemühungen verkehrt aus. Dann vergeht seine Ju­gend, und er war in Gorleben zelten, hat seine Zeit im Frauenbuchladen verplempert und Grüne gewählt, während die Klassengesellschaft funktioniert, daß es kracht.“
(Die Klassen (II), MSZ – Gegen die Kosten der Freiheit)

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nazi scum

Staatsanwaltschaft holt die Massen nach Dresden

Da hat sich die Staatsanwaltschaft Dresden tatsächlich ein Ei von immenser Größe gelegt. Diese hat nämlich festgestellt, dass der Spruch auf den Plakaten zur Demo gegen den größten Naziaufmarsch Europas eine Aufforderung zur Straftat darstellt. Dort heisst es (wie oben zu lesen):

Gemeinsam blockieren

In der Folge werden Razzien in den Organisationsbüros der Nazigegner durchgeführt, dann wird auch noch eine Bundestagsabgeordnete wegen Plakatierens der Poster festgenommen und auf eine ‚Bitte‘ reagiert die „Dresden-Nazifrei“ Seite zu sperren.

Dass Sitzblockaden per se nicht strafbar sind, kann man wissen. Die Staatsanwaltschaft die munter der Strafverfolgung nachgeht, muss das nicht, sorgt lieber dafür dass die Naziblockade soviel Aufmerksamkeit (und Vorfreude) erzeugt wie lange nicht.

Via/Bild: www.dresden-nazifrei.com

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Alltag & Poesie

Vorwürfe an die blau-gelben Musterschüler

Wie der Eine oder die Andere BeobachterIn schon mitbekommen hat, halten wir, das Institut für Brimboriaforschung nicht allzuviel von bürgerlichen Ideologien. Da trifft es sich gut, dass die Speerspitze wirtschaftsliberalen Mumpitzes sich gerade ganz schön in die Nesseln setzt. Kaum wurde bekannt, dass die Damen und Herren von der (nennen wir das Übel beim Namen) FDP irgendwie ganz undurchsichtige Spendengeschichten aus der Hotelbranche am laufen haben, bricht die Welle der Häme sich Bahn.

Die Titanic versieht ihre Homepage-Titelseite mit entsprechendem FDP-Spendenformular (siehe oben).

Auch die Spassmacher von „extra3“ lassen sich nicht lumpen und inszenieren eine Pressekonferenz, bei der sie als FDP-Sprecher auftreten und schlussendlich verkünden „Ja, wir sind eine Klientelpartei.“

Das ist alles wiedereinmal schön mitanzusehen und schiesst auch in die richtige Richtung. Die Frage die bleibt ist: besitzt das womit geschossen wurde seine Daseinsberechtigung? Die geäusserte Kritik an dem Verfahren der FDP läuft, man kennt das schon vom Bankertum, auf moralische Urteile über die bösen Funktionäre hinaus, die unfeine Sachen gemacht haben. Sie seien es, die „unsere“ schöne Wirtschaftsordnung kaputtmachen(„jeder ist seines Glückes schmied“ und so).
Daher hört man sicherlich auch Beschwerden aus den eigenen Reihen der Liberalen. Ungerecht gehe es zu, so könne man das nicht machen. Dabei ist man sich einig.

„Die Reichen werden reicher, die Armen zahlreicher.“ Faktum. Nur sollte man dabei nicht vergessen, dass dies keine Unregelmäßigkeit darstellt. Das ist der menschgemachte Gang der kapitalistischen Dinge. Spendenaffären hin oder her.

Via/Via

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Alltag & Poesie

Arien und Autowracks

Freude schöner Götterfunken!

Der Skulpturenpark Berlin_Zentrum feiert am Sonntag Premiere seiner Oper deren Akteure unter anderem brennende Autos darstellen.
Während eines frostigen Wintermonats säumen sieben ausgebrannte Limousinen das frisch erschlossene Bauland entlang der Kommandantenstrasse, das unter anderem als zukünftiges Dolce Vita-Quartier beworben wird. Aus den verkohlten Autowracks tönen Arien in die klirrend kalte Luft.[…]Der gesamte Park wird zur Bühnenkulisse, die vielschichtige Bilder und Symbole rund um Abwertungsketten und Aufwertungsbestrebungen bereit stellt. Anwohner können von den Logenplätzen auf ihren Balkonen aber nicht nur inszenierte Ideenträger sehen. Auf der winterlichen Lichtung reihen sich Menschen um ein wärmendes Feuer, verspeisen ein Wildschwein und trinken heißen Wein. Land’s End erzählt die Geschichte urbaner Transformationsprozesse, wie sie in Metropolen passiert.
Was bei dieser Aktion, von künstlerischer Form bedeckt, reflektiert wird, ist der landläufig als „Gentrifizierung“ bezeichnete Vorgang. Die „Bonzen“ kommen in ein abgehalftertes aber dennoch [sozialromantische Verklärung hier einsetzen] Viertel, um es aufzuwerten, Mieten in die Höhe zu treiben und Latte-Cafés aus dem Boden zu stampfen.
Ein unschönes Phänomen, das ist es unzweifelhaft. Doch sollte man vorsichtig sein mit falschen Urteilen über „die Bonzen“ mit ihren Bonzenkarren, die man am ehesten, um ein gesellschaftliches Fanal zu setzen, in die ewigen Jagdgründe zu schicken hat (die Karren, nicht die Bonzen).
Brennende Autos sind plötzlich in aller Munde. Über die Legitimität lässt sich trefflich streiten. Um es nochmal zu betonen: es kann nicht das Ziel noch sinnvoll sein Einzelpersonen für die notwendig ablaufenden Prozesse dieser Wirtschaftsordnung verantwortlich zu machen (wie z.B. das Streben eines Einzelkapitals nach mehr Profit, was im Falle eines Hausbesitzers durch Mieterhöhung ins Werk gesetzt wird). Dann kann man auch anfangen „den Bonzen“ Buckel und Hakennasen anzudichten. Vielleicht aber lenken brennende Autos doch etwas Aufmerksamkeit auf die Problematik einer zunehmenden Verdrängung von Menschen aus ihren sozialen Umfeldern, sprich Wohnvierteln.
Um auch um der Atmosphäre willen nicht immer selbst Hand anlegen zu müssen, hier noch eine Empfehlung für die kalten Tage, ein Kaminfeuer der besonderen Art:

Burning Car from Superflex on Vimeo.

Wer allerdings tatsächlich was an seinem Mietpreis verändern will, der sollte noch heute aktiv mit der Abwertung seines eigenen Hauses beginnen. Wie das geht zeigen die Menschen von es regnet kaviar in diesem Video:

Die Menschen vom Skulpturenpark dagegen sind mit ihrer Auto-Oper eher noch in einem künstlerischen Kontext zu verorten. Nichtsdestotrotz eine schöne Herangehensweise an das populistisch so überladene Thema „Brennende Autos“.

Chapeau!

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Alltag & Poesie

Einmischung per Technik, state of the art: Graffiti Research Lab

Kaum jemand schafft es, den öffentlichen Raum auf so hohem Niveau der Technik zu bespielen und gleichzeitig diverse
Fenster zu öffnen, die es erlauben miteinander zu kommunizieren. Die Devise lautet:

Outfitting graffiti artists with open source technologies for urban communication

Genau das wird getan und zwar auf enorm kreative Art und Weise. Das Institut für Brimboriaforschung möchte hier drei Beispiele für die Arbeit des GRAFFITI RESEARCH LAB geben und zum Nachmachen, Selbermachen, Bessermachen anregen.

1. L.A.S.E.R Tag

Was man benötigt sind ein Beamer, ein Laptop, eine Kamera und ein Laserpointer. Die Kamera wird auf eine beliebige Wand gerichtet und sendet das aufgenommene Bild an den Rechner. Dort wird das Bild von dem Projektor wieder an die Wand geworfen. Sobald vom Laserpointer gezogene Linien an der Wand auftauchen, nimmt die Kamera diese Linien wahr und ein vom GRL programmiertes Open Source Programm lässt den Beamer die Linien an die Wand werfen.
Riesige, „handgemalte“ Projektionen werden damit möglich, wie hier zu beobachten:


2. Throwies

An Einfachheit im Verhältnis zum erreichten Effekt sind die „Throwies“ (zu dt. vielleicht „Werflinge“) kaum zu toppen. Eine oder mehrere LEDs an eine Knopfzellenbatterie angeschlossen, werden sie an einen Magneten geklebt.
Die Wurfgeschosse haften dann an diversen metallischen Oberflächen, wie zum Beispiel Brücken, Wänden oder Strassenbahnen. Großartig vor allem, weil völlig Unbeteiligte in das Geschehen eingebunden werden können, die nie daran denken würden im urbanen
Raum Ursache von Kunst zu sein.

3. Eye Writer

Ein wirklich grandioses Stück Technik, das ALS-Patienten ermöglicht per Bewegung der Pupille zu malen. Das Ganze ist für weniger als 50$ zu realisieren, so GRL. Hier benutzt der Graffiti-Writer Tempt das Gerät:

The Eyewriter from Evan Roth on Vimeo.

Einen Überblick über einen großen Teil der Arbeiten des GRL bietet die „Complete First Season“. Das Video ist kostenlos per Torrent herunterzuladen und stellt eine äußerst empfehlenswerte Sammlung der Arbeiten und ihrer Entstehung/Anwendung dar.

Und nun geht raus und spielt mit eurer Umwelt!

Bild: http://graffitiresearchlab.com