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Alltag & Poesie

Arien und Autowracks

Freude schöner Götterfunken!

Der Skulpturenpark Berlin_Zentrum feiert am Sonntag Premiere seiner Oper deren Akteure unter anderem brennende Autos darstellen.
Während eines frostigen Wintermonats säumen sieben ausgebrannte Limousinen das frisch erschlossene Bauland entlang der Kommandantenstrasse, das unter anderem als zukünftiges Dolce Vita-Quartier beworben wird. Aus den verkohlten Autowracks tönen Arien in die klirrend kalte Luft.[…]Der gesamte Park wird zur Bühnenkulisse, die vielschichtige Bilder und Symbole rund um Abwertungsketten und Aufwertungsbestrebungen bereit stellt. Anwohner können von den Logenplätzen auf ihren Balkonen aber nicht nur inszenierte Ideenträger sehen. Auf der winterlichen Lichtung reihen sich Menschen um ein wärmendes Feuer, verspeisen ein Wildschwein und trinken heißen Wein. Land’s End erzählt die Geschichte urbaner Transformationsprozesse, wie sie in Metropolen passiert.
Was bei dieser Aktion, von künstlerischer Form bedeckt, reflektiert wird, ist der landläufig als „Gentrifizierung“ bezeichnete Vorgang. Die „Bonzen“ kommen in ein abgehalftertes aber dennoch [sozialromantische Verklärung hier einsetzen] Viertel, um es aufzuwerten, Mieten in die Höhe zu treiben und Latte-Cafés aus dem Boden zu stampfen.
Ein unschönes Phänomen, das ist es unzweifelhaft. Doch sollte man vorsichtig sein mit falschen Urteilen über „die Bonzen“ mit ihren Bonzenkarren, die man am ehesten, um ein gesellschaftliches Fanal zu setzen, in die ewigen Jagdgründe zu schicken hat (die Karren, nicht die Bonzen).
Brennende Autos sind plötzlich in aller Munde. Über die Legitimität lässt sich trefflich streiten. Um es nochmal zu betonen: es kann nicht das Ziel noch sinnvoll sein Einzelpersonen für die notwendig ablaufenden Prozesse dieser Wirtschaftsordnung verantwortlich zu machen (wie z.B. das Streben eines Einzelkapitals nach mehr Profit, was im Falle eines Hausbesitzers durch Mieterhöhung ins Werk gesetzt wird). Dann kann man auch anfangen „den Bonzen“ Buckel und Hakennasen anzudichten. Vielleicht aber lenken brennende Autos doch etwas Aufmerksamkeit auf die Problematik einer zunehmenden Verdrängung von Menschen aus ihren sozialen Umfeldern, sprich Wohnvierteln.
Um auch um der Atmosphäre willen nicht immer selbst Hand anlegen zu müssen, hier noch eine Empfehlung für die kalten Tage, ein Kaminfeuer der besonderen Art:

Burning Car from Superflex on Vimeo.

Wer allerdings tatsächlich was an seinem Mietpreis verändern will, der sollte noch heute aktiv mit der Abwertung seines eigenen Hauses beginnen. Wie das geht zeigen die Menschen von es regnet kaviar in diesem Video:

Die Menschen vom Skulpturenpark dagegen sind mit ihrer Auto-Oper eher noch in einem künstlerischen Kontext zu verorten. Nichtsdestotrotz eine schöne Herangehensweise an das populistisch so überladene Thema „Brennende Autos“.

Chapeau!

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