Das Brimboria Institut setzt sich unter anderem das Ziel, Zeitphänomene mitsamt ihrer gesellschaftlichen Funktion wissenschaftlich aufzuarbeiten. Fangen wir also daher bei dem Comic an, den der Verfassungsschutz im Auftrag des Innenministeriums NRW hat anfertigen lassen. Dieser behandelt nach anderen Ausgaben zum Thema Rechtsextreme und Islamisten diesmal Linksextreme und ihre Verführungskräfte. Diese Publikation scheint uns geeignet unser Selbstverständnis anzudeuten.
Die Geschichte verfolgt den Abstieg von Ben in die linksextreme Szene. Die Einstiegsdroge ist wie so oft Propaganda via Musik, er besucht ein Konzert in einer besetzten Fabrik. Als er sich mit entfernten Bekannten vor der Location unterhält, erklären diese ihm kurz prägnant informativ die Grundsteine ihrer politischen Arbeit. Zitiert werden die üblichen verkürzt gesellschaftskritischen Ansichten, von fiesen Spekulanten und Bonzen ist die Rede. „Alter“, er habe die Texte gehört, „Widerstand ist Pflicht“. Gesagt, getan, Ben sprüht mit zwei neuen Bekannten eine Brückenmauer voll und wird selbstverständlich als einziger erwischt.
Hier nun also die Erläuterung der Vorgänge, jugendgerecht vom Verfassungsschutz aufgearbeitet: „Es ist aber schon dann Sachbeschädigung (geregelt nach Paragraf 303 des StGb), wenn man einen Gegenstand verunstaltet – schließlich möchte jeder selber entscheiden, ob auf seinen Sachen bestimmte Sprüche oder Bilder zu sehen sind oder nicht. Ben würde sich auch „bedanken“, wenn irgendwer einfach so etwas auf seine Klamotten schreiben würde. Auch die Brücke gehört jemandem – der Stadt oder dem Land oder einer Privatperson. Die müssen natürlich nicht hinnehmen, dass jedermann nach seiner Laune ihre Flächen für ‚Mitteilungen‘ nutzt.“ (S. 12)
Dass eine staatliche Behörde das Problemfeld von Eigentumsverhältnissen im öffentlichen Raum gekonnt umgeht, wird hier relativ deutlich: Eigentumsverhältnisse sind ja seit jeher eine knifflige Sache. Prinzipiell hat Eigentum einen ausschließenden Charakter. Ein Eigentümer und auch nur er verfügt über die Dinge die er besitzt. Was andere mit seinem Kram vorhaben kann ihm egal sein, moderne Staaten schützen das Eigentum von Privatpersonen, wenn nötig mithilfe ihres Gewaltmonopols. Jetzt fragt man sich doch, ob eine demokratische Staatsmacht nicht daran interessiert sein sollte, „dass jedermann nach seiner Laune ihre Flächen für ‚Mitteilungen‘ nutzt“? Schließlich könnte man berechtigterweise annehmen, dem Staat und seinen Institutionen wäre Partizipation wichtig, lebt man doch in einer Demokratie, „Herrschaft des Volkes“. Scheinbar hat sich doch das Mitteilungsbedürfnis unserer drei Linkschaoten auf den öffentlichen Raum beschränkt. Die haben ja nun wirklich nicht die Inhalte irgendwelcher Waschtrommeln oder Kleiderschränke bemalt, wie der VS NRW hier suggeriert. Öffentlicher Raum soll und muss ein Kommunikationsraum sein, auch ohne dass man Werbefläche anmieten muss. (Das Privateigentümer daran wenig Interesse haben anderer Leute ‚Mitteilungen‘ zu dulden, mag verständlich sein.) Doch den öffentlichen Raum per se als Staatseigentum hinzustellen, deren Eigentümer „natürlich nicht hinnehmen“ müssen, dass ihre Bürger ihrem Recht auf Mitsprache nachgehen, ist tendenziell widersprüchlich und verdreht.
Das war unserem Ben natürlich nicht bewusst, war doch das alles ziemlich „kompliziertes Zeug“ was die Linksextremistin da faselte. Daher macht es nur Sinn, dass der Verfassungsschutz dazu raten lässt, diese Chaoten links liegen zu lassen. Dieses Wortspiel erreichte gerade schon fasst die Qualität des Comics. Weiter so!
Bild: © Innenministerium NRW